Hauptseite Außenhandel Handelspolitik und Freihandelsabkommen EAWU verlagert Schwerpunkt nach Asien

EAWU verlagert Schwerpunkt nach Asien

Bonn (GTAI) - Vom 2. bis 4. September 2021 fand in Wladiwostok das Östliche Wirtschaftsforum statt. Dabei trafen auch mehrere Integrationsverbände aufeinander, darunter die EAWU und ASEAN. / Von Viktor Ebel

Mit der alljährlich stattfindenden Veranstaltung fördert Russland die wirtschaftliche Entwicklung seiner dünn besiedelten Landesteile im Fernen Osten. Aufgrund des Rohstoffreichtums und der Nähe zu Asien ist die Region gerade für Investoren aus China, Japan und Co. interessant. Aber auch der Freihandel mit Russland und der ihr übergeordneten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) hat viele Delegationen nach Wladiwostok gelockt. Ein Highlight waren die Gespräche mit der Vereinigung südostasiatischer Länder (ASEAN), die langfristig in einem Freihandelsabkommen münden sollen.

Vietnam als Brücke nach Südostasien

Die Agentur TASS zitiert den vietnamesischen Minister für Industrie und Handel, Nguyen Hong Dien, der sein Land als Mittler zwischen der EAWU und der ASEAN vorschlägt. Mit Vietnam sei 2016 bereits das erste Freihandelsabkommen der EAWU erfolgreich abgeschlossen worden. Auf dieser Basis könne nun an einem Abkommen mit dem südostasiatischen Wirtschaftsraum gearbeitet werden, dessen gemeinsames Handelsvolumen mit Russland im Jahr 2020 bei 15 Milliarden US$ lag.

Damit setzt sich ein Trend fort, den Russland im Zuge der Sanktionierung durch den Westen im Jahr 2015 einleitete: der Schwenk Richtung Osten. Zwar ist die EU noch der wichtigste Handelspartner, doch im Krisenjahr 2020 ist die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft mit einem Anteil von 36,4 Prozent am Außenhandel der EAWU fast gleichauf gezogen (EU 2020: 36,8 Prozent). Dank Konnektivitätsinitiativen wie dem Nord-Süd-Transportkorridor oder der Nördlichen Seeroute wird Asien der EU sehr bald den Rang ablaufen.

Außenhandel der EAWU mit den Ländern der EU und der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC)

  2019       2020      
  Außenhandel (in Mrd. US$) Export (in Mrd. US$) Import (in Mrd. US$) Anteil am gesamten Außenhandel der EAWU (in %) Außenhandel (in Mrd. US$) Export (in Mrd. US$) Import (in Mrd. US$) Anteil am gesamten Außenhandel der EAWU (in %)
EU (27) 306,1 207,0 99,1 41,6 229,5 137,3 92,2 36,8
Veränderung zum Vorjahr (in %)  -6,8*   -9,5* -0,3*   -4,5* -25,0 -33,7 -6,9 -11,7
APEC 250,7 127,9 122,8 34,1 227,4 108,5 118,9 36,4
Veränderung zum Vorjahr (in %) +2,6    -2,3 +8,3     +5,1 -9,3 -15,2 -3,1 +6,8

Quelle: Eurasische Wirtschaftskommission

*) Werte für EU-28

Auch Indien bringt sich in Stellung

Der indische Premierminister Narendra Modi war beim Wirtschaftsforum per Liveübertragung zugeschaltet und verwies auf die erfolgreiche Zusammenarbeit beim Kampf gegen das Coronavirus, bei dem der russische Impfstoff „Sputnik V“ zum Einsatz kam. Auch in Sachen Energie wolle man mit Russland kooperieren, zitiert die Hindustan Times Modi. Russische Öl- und Gaslieferungen sollen, sobald die nötige Infrastruktur fertiggestellt ist, zur Energiesicherheit in der Region beitragen.

Die Geschäftschancen, die sich aus dieser Annäherung ergeben, haben indische Unternehmen diverser Sparten bereits erlebt, wie die Seite ModernDiplomacy berichtet. Bei Ausschreibungen haben indische Anbieter von Gasturbinen und Mikrochips den Vorzug gegenüber Konkurrenten aus dem Westen und der Ukraine bekommen. Über ein Freihandelsabkommen zwischen der EAWU und Indien wird bereits verhandelt.

China verweist auf Synergien mit „One Belt, One Road“

Xi Jinping, der chinesische Präsident, wandte sich in einer Videobotschaft an die Teilnehmer des Forums und unterstrich, dass die EAWU ein integraler Bestandteil des Asiatisch-Pazifischen-Raums sei, welcher weltweit die höchsten Wachstumsraten vorweist. Er schlug vor, die Anstrengungen zur Stimulierung des Welthandels zu bündeln. Dazu gehört laut Xi auch die Herausforderungen infolge des Klimawandels, die Digitalisierung und die sozioökonomische Entwicklung der Region.

Reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Asiatisch-Pazifischen Raum (in Prozent)

2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024
5,6 5,7 5,4 4,4 -1,5 7,6* 5,4* 5,0* 4,9*

Quelle: International Monetary Fund, Asia and Pacific: Regional Economic Outlook

*) Prognosen

Allgemein ist die Tendenz zu beobachten, dass immer mehr Themen – seien es die Corona-Pandemie oder die Besteuerung von CO2 – in einem überregionalen Format besprochen werden. Die Direktorin der Abteilung für Integrationsentwicklung der Eurasischen Wirtschaftskommission, Gohar Barseghyan, plädiert daher für die Bildung einer Größeren Eurasischen Partnerschaft. Der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, dem wichtigsten sicherheitspolitischen Bündnis der Region, dürfte ein erster Schritt in diese Richtung sein.

Mongolei an Freihandel interessiert

Das am dünnsten besiedelte Land der Welt hat beim Östlichen Wirtschaftsforum sein Interesse bekundet, Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EAWU aufzunehmen, wie die Agentur TASS meldet. Der zwischen China und Russland gelegene Binnenstaat möchte Handelsbarrieren beseitigen und sich an regionalen Integrationsprozessen beteiligen.

Damit könnte das von Landwirtschaft und Viehzucht geprägte Land, in dem 36 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben, seiner Wirtschaft neue Impulse geben. Für Bergbaukonzerne aus der EAWU ist die mongolische Steppenlandschaft interessant, da sie einige der größten Rohstoffvorkommen der Welt beherbergt, darunter Gold, Kupfer, Uran, Zink und Seltene Erden.

Quelle: Germany Trade & Invest