EAWU vereinheitlicht Regeln für den Handel mit Tierarzneimitteln
GTAI (Bonn) – Neue Vorschriften sollen den Binnenmarkt für Veterinärpharmaka ankurbeln. Lieferanten bekommen Zeit zur Umstellung und können danach von Verbundeffekten profitieren. / Von Hans Peter Pöhlmann
Der Rat der Eurasischen Wirtschaftskommission verabschiedete am 21. Januar 2022 einheitliche Regeln für den Vertrieb von Tierarzneimitteln innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU).
Sie umfassen die:
- Registrierung,
- Festlegung von Qualitätsstandards, sowie
- Implementierung eines Kontroll- und Überwachungssystems
für Tierarzneimittel und sollen ab 2028 die bislang in den einzelnen Mitgliedsstaaten geltenden gesetzlichen Regelungen ablösen.
Die neuen Vorschriften treten voraussichtlich am 21. Januar 2024 in Kraft. Anschließend folgt eine Übergangsphase bis 31. Dezember 2027, in der folgendes gilt:
- Die Registrierung eines Tierarzneimittels nach nationaler Gesetzgebung ist bis zum Ende der Übergangsphase weiterhin zulässig, wenn es ausschließlich im Land der Registrierung gehandelt wird.
- Registrierungszertifikate, die vor dem Inkrafttreten der neuen EAWU-Regelungen ausgestellt wurden, behalten ihre Gültigkeit in der EAWU bis spätestens 31. Dezember 2027. Die EAWU-Mitgliedsstaaten können auf nationaler Ebene jedoch die Ausstellung neuer Dokumente bereits vor dieser Frist vorschreiben.
- Registrierungsdossiers für Tierarzneimittel, die vor dem Inkrafttreten der neuen EAWU-Vorschriften in Kraft treten, müssen bis zum 31. Dezember 2027 in Einklang mit diesen gebracht werden.
Unterschiedliche nationale Vorschriften beeinträchtigten zuletzt den Handel mit Tierarzneimitteln zwischen den EAWU-Mitgliedsstaaten. Dies zeigt auch die Handelsstatistik für Veterinärvakzine.
Russland, der wirtschaftsstärkste Staat der EAWU, wickelte im Jahr 2020 knapp 15 Prozent seines Außenhandels mit Tierimpfstoffen mit Partnerländern der EAWU ab. Der Vergleich zu 2018 zeigt einen Rückgang des russischen Handels mit EAWU-Staaten sowohl beim Umsatz (um 9,2 Millionen US-Dollar) als auch beim Anteil (um 2,6 Prozent).
Außenhandel Russlands mit Veterinärimpfstoffen (Umsatz in Millionen US-Dollar)
Handelspartner | Umsatz 2018 | Umsatz 2019 | Umsatz 2020 |
Weltweit | 276,04 | 317,24 | 261,86 |
Deutschland | 7,85 | 6,45 | 7,55 |
EAWU-Partner gesamt | 47,62 | 37,40 | 38,37 |
Armenien | 9,01 | 8,59 | 5,56 |
Belarus | 23,25 | 18,07 | 15,96 |
Kasachstan | 14,21 | 10,06 | 15,78 |
Kirgisistan | 1,15 | 0,70 | 1,07 |
Quelle: UN Comtrade, Angaben gemäß HS-Code 3002.30
Angebotsseitig dürfte vor allem die russische Pharmaindustrie profitieren, die die Exporte innerhalb der EAWU dominiert und ihren Absatzmarkt durch den einfacheren Zugang erweitern kann.
Handel mit Veterinärimpfstoffen zwischen EAWU-Partnerländern 2020
Land | Exporte in EAWU- Partnerländer 2020 (Umsatz in Mio. US$) | Marktanteil Russlands am Import 2020 (in %) 2) |
Russland | 25,76 | – |
Armenien1) | 5,01 | 1,7 |
Belarus1) | 4,90 | 32,6 |
Kasachstan | 2,75 | 50,4 |
Kirgisistan1) | k.A. | 48,9 |
Quelle: UN Comtrade; Angaben gemäß HS-Code 3002.30; 1) Intrahandel zwischen Armenien, Belarus und Kirgisistan wegen fehlender Angaben nicht berücksichtigt; 2) Anteil am Import von Veterinärimpfstoffen aus allen Ländern (auch außerhalb der EAWU)
Vorteile ergeben sich auch für deutsche Firmen, insbesondere wenn sie mehrere Märkte in der EAWU beliefern. Für sie dürften die Informations- und Verfahrenskosten bei der Marktzulassung sinken. Durch den größeren Markt lassen sich auch leichter Verbundeffekte in der Produktion und im Vertrieb realisieren.
Deutsche Exporte von Veterinärimpfstoffen in die EAWU (in 1.000 US-Dollar
Land | Umsatz 2018 | Umsatz 2019 | Umsatz 2020 |
Russland | 5.866 | 4.692 | 5.948 |
Armenien | 841 | 905 | 1.622 |
Belarus | 229 | 266 | – |
Kasachstan | k.A. | 167 | k.A. |
Weltweit | 175.230 | 184.400 | 188.545 |
Quelle: UN Comtrade; Angaben gemäß HS-Code 3002.30; jeweils keine Angaben zu Kirgisistan
Im Jahr 2020 gingen 4 Prozent der deutschen Veterinärimpfstoffexporte in die EAWU. Der Löwenanteil davon floss in den bei weitem größten Absatzmarkt Russland. Die russische Regierung setzt mit einer strikten Lokalisierungspolitik auf eine Expansion der Pharmabranche im eigenen Land. Damit dürfte die Konkurrenz beim Absatz von Standardprodukten zunehmen. Außerdem müssen Hersteller und Händler von Arzneimittelprodukten in Russland die Vorschriften der obligatorischen Produktkennzeichnung über das System Chestny Znak berücksichtigen.
Als bislang kleiner Exportmarkt wird auch Armenien von den neuen Regelungen profitieren. Für deutsche Unternehmen könnte der armenische Markt ein attraktives Sprungbrett zur EAWU werden. Das Land weist bei Veterinärimpfstoffen ein vergleichsweise hohes Exportvolumen im EAWU-Handel auf und kommt damit als Reexportstandort in Frage. Deutschland konnte bei Tiervakzinen seinen Ausfuhrwert nach Armenien von 2017 bis 2020 mehr als verdreifachen.