Hauptseite Branchen Energie Eurasische Wirtschaftsunion einigt sich auf Grundsätze für gemeinsamen Gasmarkt

Eurasische Wirtschaftsunion einigt sich auf Grundsätze für gemeinsamen Gasmarkt

Mitgliedsstaaten wollen Standardformel für Gaspreise schaffen / Von Dominik Vorhölter

Bonn (GTAI) - Russland, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Armenien haben Grundsätze für einen gemeinsamen Gasmarkt formuliert. Er soll 2025 in Kraft treten.

Die Präsidenten von Russland, Belarus, Kasachstan und Kirgisistan sowie der Ministerpräsident von Armenien sind am 1. Oktober 2019 zu einem Gipfeltreffen in Eriwan zusammengekommen. Dort haben sie Grundsätze beschlossen, um einheitliche Standards und Normen für einen gemeinsamen Gasmarkt der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) zu etablieren. Dieser soll 2025 starten. Konkret ging es um die Gaspreisformel.

Neue Standards und Normen müssen folgenden Grundsätzen gerecht werden:

- Transparenz: Die Staaten informieren sich gegenseitig über den Stand ihrer gesetzgebenden Arbeit.
- Nationale und sicherheitsrelevante Interessen der Mitgliedsstaaten sind zu berücksichtigen.
- Der Entwicklungsstand der nationalen Gasmärkte soll beachtet werden.

Ziel ist es, ab 2025 einen transparenten Preisbildungsmechanismus für Gaslieferungen und Transportdienstleistungen auf dem künftigen EAWU-Binnenmarkt zu schaffen. Dann können Industrieunternehmen innerhalb der EAWU-Staaten über eine Handelsplattform, zum Beispiel über die Börse Spimex in Sankt Petersburg, Erdgas zu einem marktbedingten Preis kaufen.

Russland und Kasachstan wenden eigene Preisformeln an

Derzeit gelten noch keine Marktmechanismen. Russland hat mit einzelnen Mitgliedsstaaten - zum Beispiel mit Belarus im Jahr 2017 - bilaterale Verträge über Gaslieferungen abgeschlossen. Dafür nutzt Moskau die sogenannte Jamal-Nenzen-Preisformel. Der Gaspreis wird hiernach in US-Dollar (US$) ermittelt. Er berücksichtigt die Kosten für Erdgas, das im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen gefördert wurde, sowie Transport- und Speicherkosten. Anders in Kasachstan: Hier gibt das Energieministerium den Preis vor.

Gerechter Preisbildungsmechanismus als Ziel

Langfristig soll der gemeinsame Gasmarkt bilaterale Verträge ablösen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Belarus streitet mit Russland regelmäßig über Öl- und Gaspreise. Das Land ist von russischem Öl und Gas abhängig. Belarus bezieht vergünstigtes Erdöl aus Russland, verarbeitet es weiter und exportiert es anschließend. Russisches Erdöl stellt für den belarussischen Staat somit eine sichere Einnahmequelle dar.

Russland bindet Belarus mit Energiepreisen an sich

Belarus‘ Zolleinnahmen aus dem Export werden allerdings durch das russische „Steuermanöver“, das 2019 begann, zunichte gemacht. Dabei handelt es sich um eine Steuerreform in der russischen Erdölbranche. Russland schafft die Exportzölle zwischen 2019 und 2024 schrittweise ab und erhebt stattdessen eine Erdölfördersteuer. Diese neue Steuer verteuert russisches Öl und Gas allgemein. Dadurch erhält Belarus weniger Erdöl zum vereinbarten Preis. Bis 2024 dürften der belarussischen Staatskasse rund 2 Milliarden US$ fehlen, schätzt Präsident Aljaksandr Lukaschenka.

Beide Länder verhandeln derzeit über neue Öl-und Gaspreise. Russland gewährt seinem Nachbarland günstige Öl- und Gaslieferungen und sichert sich so größeren politischen Einfluss.. Die Höhe des Gaspreises berührt somit die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen von Belarus.

Nationale Märkte sind unterschiedlich entwickelt

Die Gasmärkte der EAWU-Staaten befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. In Kasachstan beherrscht das Staatsunternehmen KazMunaiGas den Markt. Lediglich in Russland konkurrieren die staatlichen Energieunternehmen Gazprom, Surgutneftegaz und Rosneft sowie der private Konzern Novatek miteinander. In Belarus ist der Gasmarkt staatlich gelenkt. Auch die Märkte in Kirgisistan und Armenien sind kaum entwickelt. Angesichts dessen bleibt abzuwarten, inwieweit die Mitgliedsstaaten einen gemeinsamen Binnenmarkt schaffen können, der die Entwicklungsstufen der nationalen Gasmärkte berücksichtigt.

Quelle: Germany Trade & Invest