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Gemeinsamer Öl- und Gasmarkt muss noch Hürden überwinden

Bonn (GTAI) - Bis 2025 sollen die EAWU-Märkte für Gas sowie für Öl und Ölprodukte starten. Ob das gelingt, ist fraglich. Vor allem bei der Preisbildung scheiden sich die Geister.

08.03.2021

Von Verena Matschoß | Bonn

  • Der gemeinsame Energiemarkt soll 2025 starten
  • Preisfestlegung ist ein schwieriges Thema
  • Interessenkonflikte zwischen Russland und Belarus dominieren
  • Energieträger werden vor allem exportiert
  • Weiterführende Links

Der Öl- und Gassektor ist einer der wichtigsten, aber auch kontroversesten Wirtschaftsbereiche der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Hier stehen die Interessen der großen Förderländer Russland und Kasachstan denen der rohstoffarmen Länder diametral gegenüber. Belarus, Kirgisistan und Armenien tragen kaum zur Öl- und Gasförderung in der EAWU bei. 

Der gemeinsame Energiemarkt soll 2025 starten

Den Interessenunterschieden zum Trotz einigten sich die Mitgliedstaaten der EAWU bereits 2015 im Gründungsvertrag auf die Schaffung eines gemeinsamen Energiemarktes. Während es beim Strommarkt schon Fortschritte gab, hinken die Märkte für Gas sowie für Öl und Ölprodukte noch hinterher. Fairer Wettbewerb, gleichberechtigter Zugang zur Infrastruktur des Öl- und Gassektors und ein Börsenhandel mit Öl und Gas sollen die Grundpfeiler des gemeinsamen Marktes werden. 

In den Jahren 2016 und 2018 wurden die jeweiligen Konzepte und Programme vom Obersten Wirtschaftsrat bestätigt. Die Eurasische Wirtschaftskommission arbeitet derzeit Maßnahmen zur Regulierung der Märkte aus. Ziel ist, bis 2023 einen internationalen Vertrag zum Gasmarkt abzuschließen. Im Jahr 2024 soll ein Vertrag über den gemeinsamen Markt für Öl und Ölerzeugnisse folgen. Beide Verträge sollen 2025 in Kraft treten. 

Auf einer Sitzung des Obersten Wirtschaftsrates am 11. Dezember 2020 hatten die Staats- und Regierungschefs auch die Energiemärkte auf der Agenda. Es wurde eine Roadmap zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der EAWU-Länder im Erdölbereich verabschiedet. Zudem wurde beschlossen, die erste Phase zur Schaffung des gemeinsamen Gasmarktes zu vollenden und die zweite Phase einzuläuten. Am Ende der zweiten Phase soll der Entwurf zum internationalen Vertrag für den Gasmarkt stehen. 

Preisfestlegung ist ein schwieriges Thema

Ziel der gemeinsamen Märkte ist, bei Erdgas, Rohöl und Erdölerzeugnissen auf Marktpreise umzustellen. Derzeit stehen die Gastransporttarife auf der Agenda. Armenien und Belarus fordern einen einheitlichen Gastransporttarif in der gesamten EAWU. Dagegen ist vor allem Russland: Laut Wladimir Putin kann nur in einem Binnenmarkt mit einem einheitlichen Haushalt und einem einheitlichen Steuersystem ein einheitlicher Preis umgesetzt werden. Ein derart tiefgreifender Integrationsgrad werde in der EAWU noch nicht erreicht.

Interessenkonflikte zwischen Russland und Belarus dominieren

Die Uneinigkeit über die Preise beim Öl- und Gashandel sind nicht neu. Vor allem die Konflikte um Rohstoffpreise zwischen Russland und Belarus erhalten immer wieder internationale Aufmerksamkeit. Belarus ist fast ausschließlich auf Öl- und Gaslieferungen des großen Nachbarn angewiesen und Russland nutzt diese Marktmacht, um politischen Einfluss auszuüben. Zudem basiert ein Großteil des belarussischen Wirtschaftsmodells auf der Weiterverarbeitung von russischem Öl.

Die Konflikte zwischen Russland und Belarus über Öl- und Gaspreise haben auch das Potenzial, die Integrationsprozesse in der gesamten Eurasischen Wirtschaftsunion zu verzögern. Ein Beispiel: Aufgrund seiner Unzufriedenheit mit den Preisen für russisches Gas hielt der belarussische Präsident seine Unterschrift unter den gemeinsamen Zollkodex der EAWU Ende 2016 monatelang zurück. Erst als sich beide Seiten auf gegenseitige Zugeständnisse einigten, unterzeichnete Aljaksandr Lukaschenka den Zollkodex im April 2017. 

Zuletzt kam es Anfang 2020 zu starken Unstimmigkeiten zwischen beiden Ländern. Lukaschenka drohte sogar mit einer Beeinträchtigung des Transits von russischem Öl in die EU. Es ist allerdings davon auszugehen, dass Belarus aufgrund der inneren Konflikte und der internationalen Isolierung sich wieder stärker an Russland binden wird. 

Energieträger werden vor allem exportiert

Obwohl einzelne Länder stark von russischen Öl- und Gaslieferungen abhängen, ist der EAWU-Markt für Russland und Kasachstan nicht wirklich von Bedeutung. Zwar steht der Export von mineralischen Brennstoffen für ein Viertel der gesamten russischen Exporte in die anderen Mitgliedstaaten und für 11 Prozent der gesamten kasachischen Ausfuhren in die EAWU. Der Binnenhandel mit fossilen Brennstoffen machte 2020 allerdings nur knapp 5 Prozent des gesamten Außenhandels der EAWU in dieser Produktgruppe aus - der Großteil wird in Drittstaaten exportiert. 

Russland dominiert den Binnenhandel stark. Über 90 Prozent der Exporte an mineralischen Brennstoffen in die Mitgliedstaaten entfallen auf das größte Land der EAWU. Russland liefert sein Öl und Gas vor allem nach Belarus. 

Quelle: Germany Trade & Invest